Generationengerechtigkeit. Klingt als Wort ein wenig sperrig, inhaltlich weitestgehend unverdächtig und irgendwie in der gefühlten Wahrnehmung eine Selbstverständlichkeit.
Und doch gärt es unter der ruhigen Oberfläche. Seit Jahren sprudelnde Steuerquellen, sowie von Arbeitsämtern und Wirtschaftsforschungsinstituten unisono vermeldete neue Rekordzahlen bei Beschäftigung und Wirtschaftswachstum können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die sozialen Sicherungssysteme hierzulande mit Blick in die mittelfristige Zukunft auf wackligen Beinen stehen und das politische Handeln in Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Bildung maximal Stückwert ist.
Unter anderem deswegen ist die „Generationengerechtigkeit“ ein zentrales Thema der Wirtschaftsjunioren Deutschland, dass auch in die Kreise wirkt – und seinen vorläufigen Höhepunkt in der gemeinsamen Veranstaltung der WJ-Kreise Mannheim-Ludwigshafen und Heidelberg am vergangenen Donnerstag fand: „Klartext zum Generationenvertrag: wie wir im Hier & Jetzt unsere Zukunft verspielen“. Passenderweise in einer Schule, in der, soviel ist sicher, die Steuermilliarden nicht vergraben sind: der Friedrich-List-Schule in Mannheim.
Dr. Wolfgang Gründinger, promovierter Politik- & Sozialwissenschaftler aus Berlin, Jahrgang 1984 nahm sich der Aufgabe an, den Status Quo der deutschen Politik und Gesellschaft mit Blick auf die Generationengerechtigkeit zu beleuchten – und begann erst einmal mit einem ausgedehnten Faktenblock. Klingt vielleicht langweilig, doch in Zeiten von gefühlten Wahrheiten und diffusem Halbwissen tat die Dosis Sachlichkeit gut.
Denn auch im weiten Feld der Generationengerechtigkeit geht es oft und gerne postfaktisch zu: zwischen den Polen der „Jugend von heute, die zu nichts mehr zu gebrauchen ist“ und den „Millionen von Rentnern auf der Suche nach Pfandflaschen“ schwingt das Pendel der Meinungen munter hin und her, während die Wahrheit wohl irgendwo in der Mitte zuhause sein wird.
Und so zeigte Gründinger, dass Kinderarmut ein deutlich größeres Problem ist Armut als bei Rentnern, und auch, dass das Alter bei zahlreichen, gravierenden politischen Wahlentscheiden der jüngeren Vergangenheit die größte Einflussvariable war – weit vor Einkommen, Geschlecht, Bildung oder Wohnort.
In seinem kurzweiligen Vortrag ging des dem Autor des Buches „Alte-Säcke-Politik“ aber nicht darum, ältere Generationen an den Pranger zu stellen. Viel mehr möchte der selbsternannte Zukunftslobbyist und Generationenerklärer sein Tun als Handlungsaufforderung an junge Menschen verstanden wissen, politisch im wahrsten Sinne des Wortes „Partei zu ergreifen“ und sich ihre Zukunft demokratisch zu erstreiten – was bei der prognostizierten, demografischen Entwicklung schon eine Herausforderung sein dürfte.
Dass es dabei weder gemütlich noch konfliktfrei zugehen wird, auch das zeigte der Abend in der Aula der Friedrich-List-Schule: in einem spontan erhobenen Meinungsbild unter den über 100 Gästen waren sich zwar alle einig, dass junge Menschen der Politik gut täten und ihre Belange politisch nicht ansatzweise ausreichend vertreten werden, einer möglichen Absenkung des Wahlalters standen aber 80 Prozent der Gäste ablehnend gegenüber.
Und so entwickelte sich im Anschluss an den Vortrag eine lebhafte Diskussion, die auch nach dem offiziellen Ende beim gemeinsamen Get Together so schnell kein Ende fand.
Es wäre allerdings auch zu schön, wenn die wichtigsten Zukunftsfragen unserer Gesellschaft so schnell beantwortet werden könnten. Aber mögliche Lösungen deutlich ansprechen und somit zum Nachdenken und Austauschen anregen, das kann ein Abend wie dieser.
Deswegen heißt er ja auch Klartext.
Ein Beitrag von Maximilian Hartmann. Fotos von Benedikt Lohnert, BLIM GmbH.